The Rolling Stones – SIXTY tour 2022

Zum 60-igsten einen Live-Bericht von Ray’N’Fox in Kollaboration mit Andras F. Röschl.

Ray’N’Fox:

Am 05.06.2022 gaben sich The Rolling Stones die Ehre und spielten wieder im Olympiastadion in München. Wie es der Zufall so wollte, war ich zu dieser Zeit gerade mit meiner Freundin auf Heimaturlaub und wir wollten uns dieses Ereignis natürlich nicht entgehen lassen. 

Dieses Stones-Konzert war mein zweites, nachdem ich sie bereits 2017 im Hamburger Stadtpark zur NO FILTER Tour gesehen habe; und damals extra aus England angereist war. Natürlich sind seit dem fünf Jahre ins Land gezogen und nicht nur wir, sondern auch die Band ist gereift. Leider gehört es mit der Zeit auch dazu, Abschied zu nehmen. Abschied von einem der wohl unbekanntesten, bekannten Schlagzeugern unserer Geschichte – Charlie Watts. Somit haben die Stones nach 60 Jahren ein zweites Mitglied gehen lassen müssen (Wyman zählt nicht, da er noch lebt) und machen trotzdem tapfer weiter. Dass das Alter and den Mitgliedern nagt, kann man sehen. Es wird nicht mehr so viel herumgelaufen oder getanzt. Selbst Jagger, der mittlerweile 79 Jahre auf dem Buckel hat, lässt etwas nach; wenn auch nicht merklich. Keith hat diesmal weniger “Verspieler” als in Hamburg abgeliefert, jedoch auch etwas Schwung aus seinem Spiel genommen. Ronnie ist und bleibt Ronnie, “der Neue” (seit 1975), der Baum, der den Rhythmus nun alleine halten muss (abgesehen von Darryl Jones, der allerdings seit 1993 immer noch kein offizielles Bandmitglied ist). Watts wird seit letztem Jahr durch Steve Jordan ersetzt, welcher von ihm persönlich noch als Ersatz bestimmt.

Angefangen hat das Konzert mit einem Gedenken an Charlie. Zu diesem Zeitpunkt riss der graue, wolkenbehangene Himmel auf und ein paar Sonnenstrahlen fanden ihren Weg ins Stadion. Zufall?

In nachfolgende Setlist des Abends habe ich nur die Highlights aufgelistet:

  • Street Fighting Man
  • 19th Nervous Breakdown
  • Rocks Off
  • Tumbling Dice
  • Out Of Time (die zweite Live-performance seit 1966, das erste Mal Tage zuvor in Madrid)
  • Ruby Tuesday
  • You Can’t Always Get What You Want
  • Living In A Ghost Town
  • Honky Tonk Women
  • Connection – gesungen von Keith Richards 
  • Slipping Away- gesungen von Keith Richards
  • Miss You
  • Midnight Rambler
  • Start Me Up
  • Paint It Black
  • Sympathy for the Devil
  • Jumpin’ Jack Flash

Zugabe:

  • Gimme Shelter
  • (I Can’t Get No) Satisfaction

Geregnet hat es an diesem Abend nicht – abgesehen von Sympathy – und doch wurde jedem Shelter gegeben. Ich bin ein Keith Richards Fan, durch und durch. Ich liebe es, wenn er sich in die Bühnenmitte bewegt uns seine kleine Show abliefert. Ob er dazu noch fähig ist oder nicht, darüber lässt sich streiten … aber, wenn nicht Keith, wer sonst hat die Berechtigung das selbst in 200 Jahren mit Sauerstoffflasche und Rollstuhl noch zu tun?! 

Ist Charlies ableben ein unwiederbringlicher Schaden? Haben die Stones ihren Zenit überschritten? Werden wir alle wieder ein Stones Konzert besuchen? Hat Mick immer noch die Energie eines 40-Jährigen? Werden die Stones weiter machen bis nur noch Keith Richards lebt und deren Gedenken aufrecht erhält? Wird es ein neues Stones Album geben? 

Sollte jemand diese Fragen verneinen, kann ich mir folgenden Kommentar nicht verkneifen: “You can’t always get what you want!”.

In diesem Sinne auf die nächsten Jahre und Andras, wir sehen uns beim nächsten Stones Konzert wieder in München oder sonst wo auf dieser Welt. Selbst wenn ich mir schon denken kann, was Du schreibst, du kannst es doch nicht lassen! 

Mein Resümee: 8,5/10 Punkten. Ich muss zugeben, dass das Konzert im Gegensatz zu meinem vorherigen nicht mithalten konnte. Vielleicht lag es an einem anderen Taktgeber. Vielleicht an der Event. An den Leuten, mit denen ich diesen Moment teilen konnte lag es keinesfalls. Auf jeden Fall immer noch zu empfehlen und ich bin wieder dabei.


Andras F. Roeschl:

Für mich war am 24. August 2021 eigentlich klar, dass das Buch der Rolling Stones nun geschlossen wird (werden muss). An diesem Tag starb Charlie Watts, einer meiner größten Schlagzeug-Vorbilder. Im Herbst desselben Jahres war ich dann erbost darüber, dass das North-America-leg der Sixty Tour nun stattfinden sollte. Charlie hatte Steve Jordan noch zu Lebzeiten ausgewählt, ihn bei einigen Shows zu ersetzen, so lange er sich im Krankenhaus befand. Ja wegen mir. Aber! Nun war er tot… für mich hätten sie sich auflösen MÜSSEN. RIP Charlie, danke für deine Inspiration und deine Coolness! 

Im späten Frühjahr 2022 dann also die angekündigte Europatour mit dem Halt in München, quasi vor der eigenen Haustür. Mhhhh, was soll ich sagen, es herrschte eine allgemeine Aufbruchstimmung und jeder hatte so richtig Bock auf den Sommer und nach Corona erst recht. Der Finger zuckte also und es mussten Karten geordert werden. Ich reiste also mit gemischten Gefühlen zu meinem Stones Konzert, Nr. 7, ins Wohnzimmer: Olympia-Stadion (eine meiner wohl wichtigsten Konzert Venues). Das Wetter war bescheiden angemeldet. Die Vorband war erstaunlich gut. 

Das Intro läuft, Ausschnitte aus Charlies (Bühnen-)Leben flimmern über die Leinwand, der wolkenbehangene Himmel reist auf und die letzten Sonnenstrahlen des Tages scheinen in einem unglaublich schönen Licht auf die Bühne (die deutlich kleiner ausgefallen ist als auf den letzten Touren). Was für ein Gänsehaut Moment. 

Das Publikum war wie erwartet bunt durchgemischt, die Karten und das Bier noch teurer als befürchtet und ich bin mit mir trotzdem im Reinen. Der Sommer kann also beginnen. Die Stones waren immer etwas besonderes für mich, nicht nur weil ich bei der 14 on Fire Tour meine wunderbare Frau kennengelernt habe. Sie konnte leider an diesem Abend nicht dabei sein.  

Street Fighting Man ist für mich nicht der beste Opener, ich fand Start me up immer treffender, aber gut. 19th Nervous Breakdown geil an zweiter Stelle. Rocks Off und Tumbling Dice halten die Messlatte hoch, bevor für mich DIE Überraschung des Abends kam. Out of Time vom Aftermath Album. Ich durfte es noch nie live erleben. Wo man hinschaut nur strahlende Gesichter. Was für ein Gefühl, ich bin nun so richtig im Reinen, unbezahlbar! Ein geiler Moment, für den sich allein schon die Anreise gelohnt hat. 

Ruby Tuesday (by Request, ich habe es gewählt), You can´t always get what you want, Honkey Tonk Woman. Man kennt es, man mag es und man erwartet auch nichts großartig anderes. Ghost Town mochte ich eigentlich, funktioniert live aber irgendwie nicht. 

Die Keith Richards Show mit seinen zwei Songs ist die Keith Richards Show. Habe ich schon besser gesehen. Connection ist aber geil. Ich hatte insgesamt aber manchmal das Gefühl er spielt gar nicht mehr richtig Gitarre, das macht Ronnie Wood für Ihn und sein digitaler Zwilling hinter der Bühne?! 

Danach geht es mit den üblichen Verdächtigen ins letzte Drittel. Ich persönlich habe Brown Sugar vermisst und das hätte ich nie für möglich gehalten, wie wichtig dieser Song doch in der Setlist ist. Ich habe es wirklich vermisst! Jagger ist der Wahnsinn mit seinen fast 80 Lenzen geht er fast noch für 50 durch, so wie der über die Bühne wetzt. 

Die Stimmung war gelöst, alle Leute waren Happy (vor allem nach Corona). Für mich hatte die Sache einen Haken mit dem Namen Steve Jordan. Der Mann hat seine Sache erfüllt, ja, aber das Feeling von Charlie kann man nicht einfach „nachspielen“. Für mich hat er die Songs an vielen Stellen „kaputt getrommelt“, zu viel punch, einfach zu viel des guten. 98% der Hörer wird das nicht einmal aufgefallen sein. Für mich war es so, leider und ohne dass ich ihm was böses will. 

Start Me Up, Paint it black, Sympathie for the devil, Jumpin Jack Flash. Mein immer wieder persönliches Highlight Gimme Shelter… leider mit ziemlich schlimmen und aktuellen Bildern aus der Ukraine. Schlimm! Dann noch Satisfaction. Gute Nacht. 

Mein Resümee: 8/10 Punkten (Konzert) und 10,5/10 Punkten für das Lebenswerk. Nicht mein bestes Stones Konzert aber auf sehr, sehr hohem Niveau, vor allem für das Alter eine unglaubliche Leistung der Männer! Es war nun aber sicherlich mein letztes Stones Konzert. Macht’s gut und Danke für 60 Jahre überragende Musik. Ich bin mit euch aufgewachsen.  So eine Geschichte kann man nicht besser schreiben. Damals am Bahnsteig 1961… 

Quelle Bild: Ray’N’Fox, 2022/06/05